
So eine wunderbare Dokumentation mit Menschen die so viel in ihrem Hiersein erlebt und gesehen haben an guten und schönen Dingen, aber auch an Schicksalsschlägen.
Menschen voller Weisheit, Lebenserfahrungen, Wissen und Emotionen.
Ich habe bisher nur Wenige kennengelernt, die solch ein hohes Alter hatten und so fit wie der Mann zu Beginne des Filmes war. Die meisten Menschen waren eher schon mit 70ig ziemlich klapprig und auch wenig humorvoll.
Und während ich so nachdenke fällt mir ein Mann ein, der in unser Hospiz eingeliefert wurde und kurz vor dem Hundertsten Geburtstag war. Ich weiß noch genau, daß er zwar geh-eingeschränkt war und auch Hilfe bei der täglichen Körperpflege benötigte, aber er konnte mit seinem Rollator oder Gehstock immer noch bis zum Speiseraum gehen…..was ihm aber gar nicht so gefiel, denn er war eher ein zurückgezogener, jedoch nicht einsamer Mann Zeit seines Lebens gewesen.
Er hatte das kleinste Zimmer hinten um die Ecke der ersten Etage und das Bad und Toilette lagen außerhalb des Zimmers. Da er so fit war wollten wir ihm ein anderes Zimmer anbieten, aber er lehnte dankend ab…..so viel Aufhebens um seine Person, das wolle er nicht……und ausserdem wolle er eh nur 100 Jahre werden und dann würde er eh sterben.
So lebhaft wie er das sagte, glaubten wir nicht daran, daß er drei Monate später würde gehen wollen.
Jeden Tag bekam er seinen Lieblingswein zum Mittagessen und Abendbrot kredenzt und manchmal ein Bierchen. Doch was immer in einem Körbchen auf dem Tisch lag, in einem großen Körbchen 😉 das waren lauter kleine Kümmerling Flaschen, die liebte er besonders gerne. Er hatte auch oft einen Witz auf Lager und schäkerte mit uns Pflegekräften……dann meinte er immer „ach wenn ich jetzt ein paar Jahre jünger wäre, dann würde ich Euch Alle zum Essen in ein feines Lokal in Wiesbaden einladen“
Nun denn, die Wochen gingen ins Land, so langsam ließen seine Kräfte und Vitalität etwas nach und sein Geburtstag rückte näher. Jeden Tag fragte er ob der Tag denn bald da wäre und ob die kleinen Fläschchen bis dahin noch ausreichen würden, danach würde er sie ja doch nicht mehr benötigen. Wir antworteten ihm, daß man so schnell nun doch nicht sterben würde, auch wenn man es sich fest vorgenommen hat…..er antwortete „doch , doch, ich habe lange dafür geplant, das klappt schon!“
Dann wurde er 100 Jahre, der Bürgermeister kam…..er wollte ihn nicht sehen, war garstig wie sonstwas. Noch nicht einmal ein Gläschen Sekt wollte er mit ihm trinken, mit uns hat er dann doch ein Pikkolöchen getrunken, aber man merkte daß er traurig war.
Eines Abends saß ich nach der Abendpflege noch an seinem Bett und wir tranken ein Tässchen Café zusammen und ich fragte ihn “ warum sind Sie denn so traurig Herr XxX ?“ er schaute mir lange in die Augen und sagte dann „das Sterben habe ich mir einfacher vorgestellt, hatte das doch so klar geplant…..warum geht das jetzt nicht ? Ich hänge doch an nichts mehr….!“
Alle meine Antworten stellten ihn nicht zufrieden und die nächsten 9 Wochen fragte er mehrmals täglich „sterbe ich heute endlich?“
Irgendwann war dann seine Zeit gekommen und er konnte die Ebenen wechseln.
Natürlich waren viele der Kümmerlingflaschen und kleine Piccolos als Deko in seinem Zimmer verteilt und nicht zu vergessen die Ferrero Küsschen, die ebenso zu seinen süssen Schmankerln gehörten.
Doch nun viel Freude mit den Lebens Weisheiten der folgenden Menschen…..leider gab es den Film nur auf englisch.
Liebe Mariettalucia
Eine so liebe und freudige Geschichte.
Ich denke mir, daß sich manche Menschen was vornehmen, das dann durchziehen und dann soll es eben so geschehen.
Früher als ich noch jung war, konnte ich nie nachvollziehen, was es heißt „alt“ zu sein oder „alt zu werden“.
Noch vor ein zwei, drei Jahren war ich voll Energie.
Mittlerweile läßt auch meine Energie nach. Nicht viel E-lan, dafür aber noch W-lan.
Eine Wehmut macht sich breit. An manchen Tagen auch eine Müdigkeit.
Und das ist wohl das, warum die meisten Älteren gehen wollen. Sie sind einfach nur noch müde.
Nicht lebensmüde, sondern müde vom Leben.
LikeLike